Daniel Lütolf zeigt den Leuten den
Vogel. Völlige korrekt und gar nicht unanständig.
Denn der Sekundarlehrer aus Würenlos AG züchtet Wellensittiche.
Mit den Schönsten der Schönen heimst er an Ausstellungen
Pokal um Pokal ein.
Von Elisabeth Schwander
Emsig raspelt
Daniel Lütolf (32) Rübeli und Äpfel in eni
violettes Plastikbecken. Dann würfelt er gekochte Eier
darunter und ergänzt mit einem gelben Pulver, einer
Mischung aus Eiern, Honig, Zwieback und anderen wichtigen
Nährstoffen für ein gesundes Vogelleben. "Neben
der fertigen Körnermischung bekommen meine Sittiche
jeden zweiten Tag diesen Früchte-/Gemüsezusatz."
Als weitere Abwechslung gibts gekeimten Hafer. "Ich
gebe meinen Vögel das, was sie gerne haben", erklärt
der engagierte Züchter die aufwändige Fütterung.
"Schliesslich essen wir Menschen auch nicht nur Wasser
und Brot."
Daniel Lütolf wohnt mit einem Kollegen und zwei Kolleginnen
in einem romantischen Einfamilienhaus direkt am Waldrand.
In der geräumigen Innen- und Aussenvolière im
Keller schwatzen, flattern und schnäbeln rund 300 Wellensittiche.
Gut ein Drittel davon werden demnächst verkauft, fast
ausschliesslich an andere Züchter. Denn Daniel Lütolf
hat in Europa einen ausgezeichneten Ruf. Davon zeugen die
unzähligen Pokale und Urkunden, die in und auf den
Schränken und - aus Platzgründen - mittlerweile
auch auf dem Heizkessel im Keller vor sich hin stauben.
Angefangen hatte es vor zwanzig Jahren.
Als Zwölfjähriger bekam Daniel Lütolf zwei
Wellensittiche geschenkt. Bald wurde aus dem Pärchen
eine Familie. Daniel setzte sein ganzes Geld ein für
den Kauf neuer Vögel und für Futter. Ein Bekannter
brachte ihm bei, worauf es beim Züchten ankommt, welche
Vögel sich eignen, mit welchen man weiterzüchten
soll und welche man am besten gleich verkauft. Inzwischen
ist das Hobby selbsttragend. Für seine prächtigen
Spitzentiere zahlen internationale Züchter gut gern
mehrere hundert Franken.
Daniel Lütolfs Wellensittiche
sind grösser als normale Stubenvögel. Sein
Ziel ist es, einen Vogel mit möglichst harmonischen
Proportionen zu züchten. "Die Ästethik darf
aber nie auf Kosten der Gesundheit und Vitalität gehen."
Die
|
|
|
Lieblingsfutter: Daniel
Lütols Wellensittiche bekommen nicht
nur Körner. Im Plastikbecher mischt er Äpfel,
Rüebli und gekochte
Eier. |
|
Sittiche haben eine stolze Körperhaltung
und sind handzahm. "Man muss die Tiere von klein auf
an den Menschen gewöhnen, muss sie in die Hand nehmen
und auf den Finger setzen. Ein Vogel, der dies nicht in
den ersten fünf bis sieben Wochen lernt, wird nie zutraulich
werden."
Die Beschäftigung mit seinen Wellensittichen kostet
ihn täglich zwei bis vier Stunden. Mittlerweile hat
er sein Schulpensum auf 80 Prozent reduziert, um unter anderem
genügend Zeit für sein Hobby zu haben. Denn mit
Füttern allein ist es nicht getan. Daniel Lütolf
nimmt seine Sittiche regelmässig in die Hand, streichelt
sie und redet mit ihnen. So erkennt er auch sofort, wenn
etwas nicht in Ordung ist. Vor allem die brütenden
Paare und ihr Nachwuchs erfordert viel Aufmerksamkeit.
Seine Freunde haben für Daniel
Lütolfs Hobby wenig Verständnis. "Vor
allem dann, wenn ich plötzlich gesellige Runden für
eine Stunde verlasse, um zu Hause einen von der Mutter verlassenen
Nestling zu füttern!"
Ihm ist es jedoch egal, was andere denken. Jedes Jahr schlüpfen
in seinen Nistkästen rund 300 winzige Wellensittiche.
Daniel Lütolf: "Auch nach zwanzig Jahren bin ich
jedes Mal wieder fasziniert, wenn ich in den nur gerade
haselnussgrossen Eiern das winzige Herz pulsieren sehe!"
|